Evangeliar

Beiträge "Auf ein Wort"

Berufung

Warum haben wir so wenige Priester? Wo bleiben die Ordensleute? Warum verwaisen unsere Gemeinden und Klöster immer mehr?“
Das sind Fragen, die wir in unserer Zeit verstärkt hören. Wir hören in den heutigen Liturgietexten mehrfach von „Berufungen“. Was haben diese Berufungserzählungen gemeinsam? Was gilt auch für uns heute für das Finden der Berufung im persönlichen Leben und im Glaubensleben? Wie wird man zu einem Dienst, zu einer Aufgabe berufen? Es geht dabei um mehr als um ein subjektives Berufungsgefühl.
Im Evangelium hören wir am 3. Sonntag im Jahreskreis (B) von der Berufung der ersten Jünger. Diese Erzählung fasziniert aufs Erste, weil Simon Petrus, sein Bruder Andreas, Jakobus und dessen Bruder Johannes auf die Aufforderung Jesu alles liegen und stehen lassen und mit Jesus mitziehen. Für uns doch eigentlich unvorstellbar: alles zurücklassen, Familie, Menschen, die einem liebgeworden sind, seine gewohnte Umgebung. Was muss das für eine Person sein, der ich so spontan folge? So ganz unbekannt dürfte Jesus nicht gewesen sein. Sie haben ihn bei Johannes dem Täufer am Jordan schon kennengelernt.
Was sich aufs Erste als „Berufung der ersten Jünger“ liest, erzählt mehr noch vom Berufungserlebnis Jesu: Der Geist Gottes treibt ihn, das Werk Gottes nach dem Beispiel des Täufers nach dessen Ermordung durch Herodes weiterzuführen.
Wir sind gewohnt, die Berufungserzählungen von den Propheten und Jüngern Jesu als außerordentliche Ereignisse anzusehen. Im Rückblick mögen sie außergewöhnlich erscheinen. Berufung in den Dienst Gottes und in die Nachfolge Jesu geschieht aber mitten im Leben.
Wie kommen Berufungen zustande? - Die Berufenen stehen in einem Dialog mit Gott, mit ihren Vorbildern und nicht zuletzt mit der Situation, in der sie leben. Sie lassen sich davonansprechen und herausfordern.
Immer wieder lassen sich Menschen von der Frohen Botschaft vom Reich Gottes ansprechen; in einem ersten Schritt, indem sie sich bewusst werden, dass in dieser Sichtweise ihr Leben in einem anderen Licht erscheint, einen neuen Sinn und eine neue Ausrichtung bekommt. In einem weiteren Schritt spüren viele auch die Herausforderung, diese ihre neue Sichtweise als Frohe Botschaft weiterzutragen und anderen mitzuteilen.
Berufung heißt, sich einerseits von der Frohen Botschaft vom Reich Gottes und damit von Gott und andererseits von Menschen ansprechen zu lassen.
Berufung kann auf sehr unterschiedlichen Wegen erfahren werden. Manche Menschen z.B. erfahren sie als ein “Aha-Erlebnis“, in denen ihnen plötzlich die Augen aufgehen, andere entdecken eine neue Sichtweise ihres Glaubens und Lebens, nachdem sie in eine Sackgasse geraten sind, wieder andere durch eine Begegnung mit einer faszinierenden Persönlichkeit. Entscheidend ist, dass wir uns von Gott ansprechen lassen, seinen Ruf „hören“ und bereit sind, ihm zu folgen.
Aber nicht nur Priester und Ordensleute sind berufen. Wir alle sind berufen, uns einzubringen in Verkündigung und caritativ-soziales Handeln, damit Gottes neue Welt schon jetzt sichtbar wird.

Eine gesegnete Zeitwünscht Ihnen
Gottfried Rempe, Diakon