Evangeliar

Beiträge "Auf ein Wort"

Warum soll ich mich verant - wortlich fühlen?

Meine Brüder, was nützt es, wenn einer sagt, er habe Glauben, aber es fehlen die Werke? Kann etwa der Glaube ihn retten? Wenn ein Bruder oder eine Schwester ohne Kleidung sind und ohne das tägliche Brot und einer von euch zu ihnen sagt: Geht in Frieden, wärmt und sättigt euch, ihr gebt ihnen aber nicht, was sie zum Leben brauchen - was nützt das? So ist auch der Glaube für sich allein tot, wenn er nicht Werke vorzuweisen hat. (Jak 2, 14 – 17)

Nicht nur damals hatte Jesus seine Schwierigkeiten den Jüngern klar zu machen, worum es denn im Letzten geht in seinem Leben und im Leben derer, die mit ihm gehen wollen,  auch heute mit uns Christen. Jakobus will uns nicht den Marsch blasen, sondern auf die Füße verhelfen, zum alltäglichen Leben unserer Liebesbeziehung zum lebendigen Gott.

Die folgende kleine Geschichte über vier Kollegen - Jeder, Jemand, Irgendjemand und Niemand – kam mir dazu in den Sinn:
„Es ging darum, eine wichtige Arbeit zu erledigen, und Jeder war sicher, dass sich Jemand darum kümmern würde.
Irgendjemand hätte es tun können, aber Niemand tat es. Jemand wurde wütend, weil es Jeder's Arbeit war. Das Problem war nur, dass Jeder dachte, Irgendjemand würde es schon machen.
Schließlich beschuldigte Jeder Jemand, weil Niemand tat, was Irgendjemand hätte tun können.“ (Verfasser unbekannt)

Während ich das lese, merke ich, dass ich mit meiner lustlos gewordenen Beziehung zur Politik in Staat und Kirche nur knapp an einem Namenswechsel vorbeikomme. Denn keiner der vier Namen sagt mir zu.
„Es gibt keine Handlung, für die niemand verantwortlich wäre“ hat Otto von Bismarck gesagt. Und ich möchte ergänzen: Es gibt keine Unterlassung, für die niemand verant-wortlich wäre.

In beiden Institutionen stehen Wahlen an. Und ich bin gefragt zu handeln, das heißt nicht nur zu wählen, sondern mich auch einzusetzen für meine Überzeugung in Wort und Tat.

Wenn am Ende – nach der Wahl – eine Politik betrieben wird, die meinem christlichen Menschenbild widerspricht, darf ich mich nicht fragen: Warum soll ich mich verant-wortlich fühlen? - Denn genau an dieser Stelle muss ich Position beziehen und meinen Versprechen Gott gegenüber Taten folgen lassen.

Es ist nie zu spät, sich zu überlegen, wo und weshalb es doch sinnvoll ist, Verantwortung zu übernehmen. - Mit den Worten des Jakobusbriefes ausgedrückt: Was nützt es, wenn einer sagt, er habe Glauben, aber es fehlen die Werke?

Pater Josef Klingele