Evangeliar

Beiträge "Auf ein Wort"

Seele

Liebe Schwestern und Brüder,

in dem Film „Don Camillo“ kauft der alte Dorfarzt für 1000 Lire die Seele vom Maurer, der zur kommunistischen Partei, also zu Peppones Seite, gehört. Zuerst freut sich der Maurer, den alten Trottel um 1000 Lire erleichtert zu haben, aber dann wird es ihm immer unheimlicher und er versucht alles, um den Verkauf wieder rückgängig zu machen.

Hier wird unterhaltsam mit der philosophischen Diskussion gespielt, was der Mensch ist. Wir glauben, dass wir gezielt aus einer langen evolutionären Entwicklung hervorgegangen sind, dass wir zusätzlich zu unserer körperlichen Entwicklung ein Bewußtsein, sogar ein Selbstbewußtsein haben und darüber hinaus auch noch beschenkt sind mit einer Seele, die uns niemand nehmen kann.

Körper, Geist und Seele existieren miteinander und auch unabhängig voneinander. Ich kann ein riesiges Selbstbewußtsein, aber einen kleinen Körper haben, siehe Napoleon. Ich kann einen hinfälligen Körper haben, aber einen brillanten Geist, siehe Stephen Hawking. Ich kann einen kleinen Körper haben, keinen Beitrag mit exzellenten Büchern zum Wissen der Welt leisten, und doch ein epochal bedeutender Mensch sein, siehe Mutter Teresa.

Es wird nicht diskutiert, ob Körper und Geist sich entwickelt haben. Aber ob die Evolution gezielt verläuft und ob es eine Seele gibt, darüber gehen die Meinungen auseinander. Natürlich, denn die Rede von der Seele setzt voraus, dass es nicht nur innerweltliche Entwicklungen gibt, sondern eben auch Geschenke Gottes. Nicht nur für Katholiken oder Christen, sondern für alle Menschen. Auch für die, die gar nicht daran glauben. Neben der Natur auch die Gnade, neben Natürlichem auch das Übernatürliche

In der Bibel steht für dieses Geschenk der Hauch: Bei der Erschaffung der Welt haucht Gott dem Menschen Lebensatem ein. Nach der Auferstehung haucht Jesus Christus die Jünger an. Dadurch wird der Mensch beseelt und es wird die Verbindung geschaffen zwischen Gott und mir, die Gott nie wieder auflösen oder zurücknehmen will.

Es gibt arme und reiche Seelen, leichte und schwere Seelen. Der Unterschied besteht nicht in der Menge der guten Taten, die ich vollbracht habe, sondern in der Qualität, wie ich meine Verbindung mit Gott in meinem Leben gepflegt und verwirklicht habe.

Da man das von aussen nicht sehen und beurteilen kann, treffen nicht wir diese Unterscheidung. Deshalb beten wir an Allerseelen auch unterschiedslos für alle Seelen. Auch das Bild vom Erzengel Michael mit der Seelen-Waage in der Hand erinnert uns daran, dass nicht wir diejenigen sind, die be- oder gar verurteilen.

Denn Gott stattet uns nicht nur mit Körper, Geist und Seele aus, sondern er interessiert sich auch dafür, was daraus geworden ist. Hier könnte ich jetzt prima mit der „Höllenpredigt“ ansetzten. Tu ich aber nicht. Wir müssen keine „Höllenangst“ haben, denn Gott ist keiner, der darauf schaut, was nicht geschafft worden ist, sondern er freut sich über das, was geschafft worden ist. Deshalb können wir in den Jubelruf Mariens einstimmen:

 

Meine Seele preist die Größe des Herrn

und mein Geist jubelt über Gott, meinen Retter.

Denn auf die Niedrigkeit seiner Magd/seines Knechtes

hat er geschaut.

 

Und wir können für alle Seelen beten, wie wir es am vergangenen Dienstag getan haben. Denn jeder Mensch ist von Gott beschenkt.

Schöne Grüße aus dem Pfarrhaus.

H. Rath