Evangeliar

Beiträge "Auf ein Wort"

Kalte Kirchen

Als Pastor in Neuenheerse vor über 20 Jahren hat mir mal ein Fachmann erklärt, was das ständige „klack, … klack, …“ des Gaszählers in der Kirchenheizung bedeutet: „Mit jedem Klack“, sagte er, „sind 10 Liter Gas verbrannt.“ Und das Klacken ging schnell. Im Blick auf die klammen Kirchenfinanzen tat mir das fast körperlich weh. Ich beschloss deshalb, das Klacken etwas langsamer klacken zu lassen. Das ging zwei Wochen gut. Dann bekam ich einen Brief mit einem 100-D-Mark-Schein. Eine sehr nette ältere Dame bat darin, die Heizung in der Kirche etwas höher zu drehen. Ihr sei so kalt.

Heute habe ich‘s auch gern warm.

Nur das Klacken, das geht aktuell nur noch in Zeitlupe. In unseren Kirchen ist es ungemütlich frisch. Und Zusammenkuscheln ist dank Corona auch keine empfehlenswerte Alternative.

Also frag‘ ich mich, was ich dem abgewinnen kann.

Nun weiß ich zumindest von der Kirche in Neuenheerse, dass sie 1000 Jahre lang dastand, ohne dass es in ihrem Heizungskeller geklackt hat. Und weniger gebetet als heute haben die Menschen in diesen 1000 unbeheizten Jahren vermutlich auch nicht. Was haben die sich dabei gedacht?

Im Wechsel der Jahreszeiten konnten sie jedenfalls ihre Kirche sehr unterschiedlich erleben. Im Sommer nach der drückenden Hitze auf dem Feld bot sie Erfrischung, und die Menschen haben sich möglicherweise gesagt: „Was für ein Glück, dass wir hier so einen wunderbaren Ort zur Erholung haben.“ Und im Winter, wenn’s knackig kalt war, haben sie vielleicht gedacht: „Was für ein Glück, dass wir … nur Gast auf Erden sind und … der ew’gen Heimat zu-wandern. Denn dort ist zweifellos angenehm geheizt.“

Gar nicht so dumm, denke ich. Das ist schon fast eine gut katholische Temperatur-Mystik.

Doch ich verstehe auch, wenn Sie, liebe Leserin, lieber Leser, einwenden: „Schön und recht, aber wie wär’s mit einer kürzeren Predigt?

 

Ihr P. Thomas

Pater Thomas Wunram