Evangeliar

Beiträge "Auf ein Wort"

"Ich hab´ noch Lust darauf!“

Am 27.Oktober ist in Rom Die Amazonas-Synode zu Ende gegangen. Über kaum eine andere Synode wurde in der Vergangenheit wohl mehr in den Medien berichtet. Die Bischöfe haben nach einer intensiven Beratungsphase ein Schlussdokument erstellt. Darin sind ihre Positionen zu den Themen der Synode festgehalten, wie sie von der Mehrheit der Teilnehmer eingenommen wurden. Da geht es um die Frage, wie dem bedrohten Status der Natur im Amazonas-Gebiet entgegengewirkt werden kann. Es werden Vorschläge gemacht, wie in diesem Teil der Erde eine neue Form der Evangelisierung gefunden werden kann und vieles andere mehr. Unter anderem haben die Synodenteilnehmer auch ihre Meinung zu den sogenannten „viri probati“ kundgetan. Die Mehrheit kann sich gut vorstellen, diesen „probaten“ – also erprobten  Männern das Sakrament der  Priesterweihe zu spenden, auch dann, wenn sie schon einer Frau das Sakrament der Ehe gespendet haben und ihre Ehefrau ihnen dieses Sakrament gespendet hat. Die Entscheidung über diese Frage muss nun der Papst treffen.

Fast reflexhaft hat sich durch dieses Beratungsergebnis jetzt hier bei Vielen von uns die Überzeugung Bahn gebrochen: „Der Zölibat wird jetzt abgeschafft!“ Ich gehöre nicht zu dieser Gruppe, deren Position ich mir aber durchaus erklären kann.

Ich möchte Sie  hier an dieser Stelle an meinen  Gedanken teilhaben lassen, in welche Richtung mich ganz persönlich der Mehrheitswunsch der Menschen hier in unserer Kultur nach der Abschaffung des Zölibats führt:

Hier wird aus meiner Sicht  leider ein Teil mit dem Ganzen  verwechselt: Die Ehelosigkeit um des Himmelreiches willen ist ja nur ein Teil unserer speziellen priesterlichen Existenz. Da gibt es noch viel mehr, über das aber in der Regel in der öffentlichen Diskussion nicht gesprochen wird:

Wir versprechen bei unserer Weihe (übrigens schon bei der Weihe zum Diakon) quasi mit einem "Blankocheck" dem Bischof und seinen Nachfolgern, die wir noch gar nicht kennen können, u.a. auch Gehorsam und Ehrfurcht. Wir verpflichten uns außerdem dazu, uns täglich enger mit Christus zu verbinden, was durch die Jahre hindurch in eine ganz intensive und ganzheitliche innere Christus-Beziehung führen soll, die es anderen Menschen möglich machen soll, die Gegenwart des Herrn zu erfahren. Wir versprechen weiterhin, ganz regelmäßig und unser Leben lang jeden Tag für die Menschen im sog. „Stundengebet“ zu beten. Wir verpflichten uns, uns in unserem Dienst besonders für die Schwachen und Benachteiligten der Gesellschaft einzusetzen. All das soll ein lebendig gelebtes Zeichen dafür sein, dass das Reich Gott schon mitten hier in dieser Welt zu erfahren ist. In diesem richtig verstandenen Sinn hat diese Lebensform also sakramentalen Charakter.

Dabei ist ein gelebter priesterlicher Lebensentwurf sicherlich nur einer unter vielen anderen , wodurch die Gegenwart des Himmels hier und jetzt erfahrbar werden kann: Das geschieht natürlich zunächst immer dann, wenn wir aus der Liebe heraus leben und soll sich besonders auch im Sakrament der Ehe verdichten, die ein Abbild der Einheit Jesu mit uns Menschen sein soll.

Soweit so gut – oder eben auch nicht gut. Denn ich kann für mich nur sagen, dass ich jeden Tag neu anfangen muss, die Zeichenhaftigkeit und damit den Wert meiner ehelosen Lebensform nicht selbst ad Absurdum zu führen – durch die Art und Weise, wie ich sonst lebe: In einem großen Pfarrhaus – ausgestattet mit einem beamtenähnlichen Gehalt, was unserer Akademiker-Ausbildung angeglichen ist.

Ich möchte sehr wach für die Frage bleiben, wie ich anders leben muss, damit die Menschen um  mich herum spüren, dass es noch eine andere Wirklichkeit gibt als diese Welt und dass diese Wirklichkeit uns mehr Sicherheit geben kann als das, was wir uns kaufen können.

In diesem Sinne habe ich immer noch Lust auf meinen Zölibat.

Edgar Zoor, Krankenhauspfarrer