Evangeliar

Beiträge "Auf ein Wort"

Fastenzeit 2020

Liebe Gemeinden,

es ist Rosenmontag 2020. Viele Eindrücke, Bilder, Meinungen und Geschehnisse stehen mir vor Augen. Da ist der abscheuliche Anschlag in Hanau, der elf Menschen das Leben kostete; eine Ministerwahl in Thüringen, welche den Willen des Volkes ignorierte und demokratische Parteien aus der Mitte der Gesellschaft arbeiteten dabei Hand in Hand mit der fremdenfeindlichen AfD.
Ich sehe die hoffnungsvollen Bilder der vielen Menschen, die in diesen Tagen in den größeren Städten auf die Straße gehen und für ein friedliches, tolerantes und buntes Miteinander demonstrieren. Die Rechten sollen nicht die Oberhand gewinnen in unserem Land.
Die bunten Karnevalssitzungen im Fernsehen, wo uns die Narren den Spiegel vorhalten und uns dennoch zum Lachen bringen, erfreuen mein Herz ebenso wie die schöne Rathaussitzung zum Abschluss der Session der Bad Driburger Karnevalisten oder die tollen Motivwagen der großen Rosenmontagsumzüge im Rheinland. Da kommt etwas Positives in Bewegung.
Durch die Nachrichten erfahre ich, dass sich das Coronavirus nun auch in Europa „etabliert“ und am Ende dieses Tages erreicht uns ein weiterer trauriger Bericht, der darüber informiert, dass in Volkmarsen bei Kassel ein Auto in einen Rosenmontagszug rast, dabei werden 30 Personen verletzt. Die Polizei ermittelt wegen eines versuchten Tötungsdeliktes, so heißt es am frühen Abend noch in den öffentlich rechtlichen Medien.
Die Welt ist in Unruhe – und diese Unruhe macht nicht vor unserer Haustür halt. Wie kann ich, wie können wir dieser Unruhe, diesem Wandel der Gesellschaft, unseres Lebens begegnen?

Drei Impulse sind mir dazu über den Weg gelaufen, die ich gerne mit Ihnen teile.
Zum einen ist da der Text des Evangeliums vom Sonntag. Jesus „wird vom Geist in die Wüste geführt“ (Mt 4,1-11). Immer wenn Entscheidungen anstanden oder das Drängen und Fragen der Menschen zu viel wurden, hören wir, das Jesus sich zurückzieht, auf einen Berg oder eben in die Wüste: Abstand gewinnen, auf sich zurückgeworfen werden, mit Versuchungen ringen, den Blick von außen wagen, klar werden.
Zum anderen begleiten mich seit einigen Tagen zwei Gedanken von sogenannten Impulskarten der Fastenaktion 2020 des Erzbistums Paderborn. Loslassen lese ich dort in fetten Lettern: „Loslassen, was ich nicht brauche …Loslassen, was mich hindert …Loslassen, wen ich behindere …“.
Und „Lerne vertrauen“ steht auf einer weiteren Karte mit der Einladung, den Weg ins Ungewisse gemeinsam zu gehen.

Ich lade Sie und mich ein, sich in den kommenden Wochen vor Ostern Wüstenzeiten zu gönnen, bringen wir den Mut auf, uns hin und wieder zurückzuziehen, damit Klarheit einkehren kann, für wen und was ich mich einsetzen kann und möchte, wer oder was für mich bedeutsam im Leben ist.
Ich lade Sie und mich ein, das Loslassen zu probieren, damit wir herausfinden können, was wir wirklich zum Leben und im Leben brauchen.
Ich wünsche Ihnen und mir Vertrauen, Vertrauen in die Menschen und die Welt und die Gegenwart Gottes in unserem Leben.

Lass zu.
Lass los.
Verlass dich.
Überlass dich.
Dem Boden der Mutter Erde,
die trägt
und tiefer noch
dem letzten Grund.
Lass Dich.
Tragen.
Lass los.
Überlass dich ganz.
Vertraue –
Du kannst zugrunde gehen.
Der Grund trägt.
(Barbara Lehner)

Ihnen und Ihren Familien einen gesegneten Start in die Fastenzeit,

Ihre Anne Frank