Evangeliar

Beiträge "Auf ein Wort"

„Schönes Wochenende!“

„Früher hast du gemerkt, dass Sonntag war, weil alle ordentlich angezogen waren. Heute siehst du das nicht mehr:“

Ich war ziemlich erstaunt, als ich diese Worte vor einiger Zeit las. Autor: Joachim Watzke, Boss von Borussia Dortmund zum Thema: Sittenverfall im Fußball und in der Gesellschaft.

Bei unserem Einkauf am Wochenende oder einer Verabschiedung von Bekannten hören wir nicht selten den Wunsch: „Schönes Wochenende.“

Wie wäre es mit dem Wunsch: „Schönen Sonntag“. Der Sonntag sollte ein Tag der Begegnung, ein Tag der Ruhe, Gelegenheit zu einem entspannten Spaziergang sein oder einer Fahrradtour, sich mit Freunden*innen treffen, einfach abschalten, zu sich kommen, durchatmen, aufatmen, frei sein von allen Zwängen des Alltags.

„Bei Gott allein kommt meine Seele zur Ruhe; denn von ihm kommt meine Hoffnung“ (Ps 62,6).

Für viele Menschen gehört zum Sonntag auch die Feier des Gottesdienstes dazu. Das ist für mich sehr wichtig! Jetzt werden Sie sicher sagen: „Ist doch typisch, Sie sind ja auch Diakon und da gehört der Besuch des sonntäglichen Gottesdienstes ja dazu.“ Das klingt dann nach „Pflichterfüllung“. Ist es aber nicht - niemand zwingt mich, auch nicht mein Bischof! Ich denke da eher an das wohltuende Jesuswort:

„Kommt alle zu mir, die ihr mühselig und beladen seid, ich werde euch Ruhe verschaffen (Mt 11,28) - oder wie es für mich treffender in der Übersetzung von Albert Kammermeye heißt: „Kommt alle zu mir; ich will euch die Last abnehmen und euch den Frieden schenken.“  (Das Neue Testament - Eine Übersetzung, die unsere Sprache spricht).

Jesus fordert alle auf, jeder kann zu ihm kommen, keiner/keine ist ausgeschlossen, egal, ob jemand glaubt oder nicht, alle dürfen kommen mit ihren Enttäuschungen und Verletzungen aus den verschiedenen Lebenssituationen.

Für mich ist es wichtig, dass der Sonntag wieder verstärkt zu einem Tag wird, der aus dem Alltag heraushebt. Wenn ich, wie viele ältere Menschen unter uns, zurück denke, dann hatte der Sonntag etwas Besonderes an sich. Erinnern wir uns an den „Sonntagsbraten“, an den Kuchenduft, an den Gottesdienst mit eventuellem anschließendem Frühschoppen, wo Gespräche mit Menschen stattfanden, die man nur an diesem Sonntag traf, an den gemeinsamen Mittagstisch, an dem alle Familienmitglieder teilnahmen.

Sie mögen mich einen „Fantasten“ oder einen Menschen nennen, der die Zeichen der Zeit nicht erkennt, denn, so mögen die Kritiker sagen: „Sonntagsbraten können wir jeden Tag haben - Begegnungen am Sonntag brauche ich nicht, ich habe in der Woche genug Menschen um die Ohren, Sonntag ist der einzige Tag, wo ich endlich einmal ausschlafen kann, da habe ich auch die Zeit, meinen Garten zu bestellen, meine Felder zu beackern - in legeren Klamotten rumzulaufen.

Ich jedenfalls wünsche uns, dass der „Sonntagsbraten“ wieder zu einem Symbol und zu einer Erinnerung wird, der uns aus der Hektik von Terminen und Verpflichtungen für einen Tag herausführen kann.

Auch die jetzt beginnende Ferienzeit eröffnet uns viele neue Aspekte, uns neu zu besinnen, die Frei-Zeit zu genießen, dem Hamsterrad mit seinen immer schneller sich drehenden Windungen zu entkommen. Besuchen Sie Orte der Ruhe und der Stille, vielleicht auch einen Gottesdienst an Ihrem Urlaubsort. Sie werden merken, wie gut Ihnen das tut! Laden Sie dort alles ab, was Sie belastet, quält -  praktizieren Sie „Die Kunst des Müßiggangs“!

„Ich möchte am Montag mal Sonntag haben und nicht mehr in drohenden Rechnungen graben. Ich möchte nach keiner Beförderung mehr streben und meinem Alltag den Abschiedskuss geben.“

Mit dieser Zeile aus einem Lied von Hildegard Knef möchte ich mich von Ihnen für heute verabschieden.

Es grüßt Sie herzlich

Diakon Gottfried Rempe