Evangeliar

Beiträge "Auf ein Wort"

Das Geschenk der Firmung

Liebe Schwestern und Brüder,

„Lass mich das mal machen, dafür bist du noch zu klein!“ „Wenn du mal zur Schule gehst, dann...“ „Wenn du mal deine Schule gut abgeschlossen hast, dann...“, „Wenn du mal volljährig bist, dann...“, „Wenn du mal deinen Führerschein...“ oder, der Spruch kommt über die Generationen auch immer wieder gut: „Solange du deine Füße unter meinen Tisch steckst.“

Jeder kennt diese Sätze, wurde in seiner Kindheit und Jugend damit ausgebremst. Man muss etwas erreichen und leisten, bevor man etwas machen darf. Und als Erwachsener geht das weiter so: Ich musste Stellen durchlaufen und Fortbildungen machen, wurde geprüft, examiniert, bevor ich endlich Pfarrer von Bad Driburg sein durfte.

In der Bibel läuft das immer andersherum. Gott beruft seine Auserwählten, bevor sie etwas erreicht haben, die Prüfungen und Examen kommen später, beim Tun. Moses wirft ein, dass er also als Ziegenhirt vor den Pharao tritt: „Und, was soll ich dem Pharao dann sagen?“, Jeremia klagt. „Ich bin doch noch so jung!“, Petrus hat wie immer erst große Klappe, um dann stufenweise immer weiter einzuschränken: „Herr, du weißt alles! Du weißt, dass ich dich liebhabe.“

Zuerst spricht Gott sein Vertrauen in die Fähigkeiten des Auserwählten aus und erst dann nimmt die Geschichte Fahrt auf. Wie ein guter Trainer erhöht er die mentale Einstellung seines Schützlings, mutet ihm etwas zu, fordert heraus und lässt ihn seine eigenen Stärken entdecken und Selbstvertrauen wachsen.

So auch bei der Firmung: Es ist nicht die Feier am Ende eines langen Wachstumsprozesses seit der Taufe über die Erstkommunion, nach zehn Jahren Religionsunterricht und Zugehörigkeit zur Jugendgruppe und zu den Messdienern. Es ist nicht die Feier am Ende eines intensiven Vorbereitungskursus.

Firmung ist der Anfang, der Auftakt: Gott traut dir zu, als Christ leben zu können. Gott traut dir zu, dass du die Herausforderungen des Lebens meistern kannst in seinem Sinne. Gott traut dir zu, für ihn reden und handeln zu können. Er hält dich nicht für zu klein, zu jung, zu unbedeutend. Er prüft nicht vorher dein Wissen, deine Gesinnung, sondern stattet dich aus mit den Gaben des Heiligen Geistes:
Damit du nicht nur Fachwissen sammelst, sondern auch ein weises Herz bildest; damit du nicht nur Situationen und Beziehungen analysieren kannst, sondern Einsicht gewinnst in das Herz des Nächsten; damit du Rat geben kannst und findest, wenn das Leben ausweglos erscheint; damit du stark bist, wo andere schwanken und schlingern; damit die Neugier auf das Leben dir nicht einschläft; damit du dich nicht auf deine Verdienste berufst, sondern dankbar bleibst für die Hilfe der anderen und schließlich damit du gegen jede Form der Selbstüberschätzung gefeit bist.

„Sei besiegelt mit den Gaben des Heiligen Geistes.“ Damit du selbstbewußt in deine kommende Lebensgeschichte schreiten kannst und es für jeden anderen eine Freude und ein Segen ist, von dir ein Stück des Lebensweges begleitet zu werden.
Schöne Grüße
Hubertus Rath