Im vergangenen Jahr haben wir mit den Kommunionkindern der unterschiedlichen Gemeinden die Krippen angeschaut. Dabei fiel mir immer wieder das Kamel ins Auge. Jedes Kamel an den verschiedenen Krippen sah ein wenig anders aus, doch alle wirkten sie irgendwie majestätisch. Mit weit ausladendem Gang oder im entspannten Stand, manche gar am Boden hockend, strahlten sie eine natürliche Ruhe aus; oft bepackt mit orientalisch anmutenden Waren. Den Kopf hoch erhoben schauten sie, fast ein wenig hochnäsig, auf die Szenerie der Krippe.
Kamele waren die wertvollsten Haustiere der Bibel. Sie wurden als Last- und Transporttiere in den Karawanen eingesetzt. Die Menschen nutzen sie als Reittiere, bestritten Kamelrennen mit ihnen. Auch als Woll-, Milch- und Fleischlieferanten wurden sie gehalten.
Die Wüstentiere haben die Fähigkeit, lange ohne Wasser auszukommen. Für ausgedehnte Wanderungen speichern sie es im Körper. Der Rückenhöcker enthält Fettvorräte, die das Tier verbrennen kann, um Energie und Flüssigkeit zu gewinnen. Kame.e können in glühender Wüstensonne je nach Arbeitsbelastung viele Tage ohne Wasser auskommen.
So folgten sie, in unserer Vorstellung mit drei Sterndeutern aus dem Osten in einer Karawane einem Stern. Sie folgten diesem Himmelskörper und ihren Herren geduldig und ausdauernd, trugen die Lasten für das Leben auf Reisen, trugen die kostbaren Schätze, trugen die Menschen auf ihrem Rücken. Treue und starke Begleiter sind sie in unwirtlicher Gegend. – Und dann wurden sie Zeuge einer Begegnung der besonderen Art. Denn der Stern, dem sie folgten „zog vor ihnen her, bis zu dem Ort, wo das Kind war; …“ Dort blieben alle stehen. Und mit ihren schönen Augen sahen die edlen Tiere, wie ihre Herren von großer Freude erfüllt wurden und sich klein machten vor einem Kind in einer Futterkrippe.
Was denkt so ein Kamel in diesem Moment?
Wahrscheinlich nichts oder „endlich Pause, ausruhen, Kräfte sammeln, auf Futter hoffen.“
Die vielen Künstler*innen haben unseren Krippenkamelen einen aufmerksamen und neugierigen Ausdruck ins Gesicht gezaubert. Die Tiere scheinen zu ahnen, dass dies ein besonderer Moment, eine besondere Unterbrechung der Reise ist. Es ist die Erfüllung einer Hoffnung, es ist ein Augenblick der Zuversicht, dass das Licht stärker wirkt als alle Dunkelheit. Es ist ein Moment der Herzenswärme, der im hier und jetzt erlebt werden darf.
So, wie das Wasser und die Fettreserven, nimmt unser Krippenkamel all das in sich auf und tritt, wie seine Menschen, gestärkt den Weg zurück nach Hause an.
Für das kommende Jahr wünsche ich Ihnen so ein oder zwei belastbare Kamele als Freunde und Freundinnen an Ihre Seite.
Bleiben Sie gelassen und schauen Sie immer wieder auch mal von oben auf das tägliche Lebenschaos herab.
Entdecken Sie ihre kleinen Sternstunden im Alltag.
Und gehen Sie mit dem Licht und der Herzenswärme der Krippe gestärkt
in die neue Zeit.
Ein gesegnetes neues Jahr für Sie und Ihre Familien,
Ihre Anne Frank
